Dienstag, 31. Dezember 2013

Ein Blick zurück auf 2013

Der letzte Tag des Jahres, und damit eine Gelegenheit, die vergangenen Monate nochmals Revue passieren zu lassen. Dieses Jahr war mit Abstand das anstrengendste für mich, aber auch eines, in dem sich viele Weichen in Richtungen gestellt haben, die ich zuvor nicht wirklich erahnt hatte. Wenn ich zurück blicke, dann mit der Gewissheit, dass mir 2013 sehr viel gebracht hat - und ich vieles gelernt habe. Aber lest selbst:

Januar: Arbeit, Arbeit, Arbeit
Eigentlich war der Januar der unspektakulärste Monat dieses Jahres. Ich habe den bis dato größten Webdesign-Auftrag meiner Zeit als Freiberuflerin reingeholt und begonnen, diesen zu gestalten, daneben eine weitere Webpage. Alles war noch recht gemächlich, geordnet. Jeder Tag hatte einen gewissen Rhytmus, ich ackerte mich zielstrebig durch alle Änderungswünsche der Kunden und die Dinge, die einem erst dann einfallen, wenn die Webpage schon zu zwei Dritteln steht. Der ganz normale Alltag, nur von den Wochenenden unterbrochen, die nach wie vor meiner Beziehung galten.
Den Umzug im Blick haben mein Lebensgefährte und ich eine Liste erstellt, was wann erledigt werden muss und wer es erledigen muss.
Die meisten Punkte waren natürlich auf meiner Seite, aber es war ja auch meine Wohnung, die ich dann verlassen würde. Und mein Umfeld mit Geschäftskontakten und meinem Netzwerk - aber als Freiberufler ist der Umzug einfacher möglich als für jemanden mit einem festen Job, also traf das Los eben dieses Mal mich. Klar war, dass wir nach 2,5 Jahren Wochenend- und Fernbeziehung endlich zusammen leben wollten, und dafür musste ein gewisses Opfer gebracht werden.

Februar: Woher, wohin?
Der Gedanke, an unserem neuen Lebensschwerpunkt eine Eigentumswohnung zu erwerben, die groß genug für uns beide und geplanten Nachwuchs ist, verdichtet sich in einer ausschweifenden Suche und der Erkenntnis, dass in der gewünschten Gegend die Immobilienmakler offensichtlich keine Schwierigkeiten haben, ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Trotzdem haben wir nach langer Suche im Internet, in Zeitungen, im Bekanntenkreis und selbst bei den Aushängen von Immobilienbüros in Darmstadt ein passendes Objekt gefunden und besichtigt. 120qm² mit Whirlpoolwanne und Stuck an den Wänden war ziemlich verlockend, also zahlten wir für das Vorkaufsrecht an. Allein die Aussicht - 7.Stock - war schon die ganze Sache wert, dazu noch eine gute Lage nahe der Natur, was will man mehr?
Beruflich gesehen ging alles seinen Gang, das große Projekt konnte ich abschließen, das kleinere neue auch. So darf es ruhig immer sein. Nur der Geldeingang war problematisch - ab und an muss man Kunden noch immer erklären, dass man geleistete Arbeit auch zu bezahlen hat. Müsste ich mal im Supermarkt probieren, einkaufen gehen ohne bezahlen. Aber ich fürchte, das funktioniert dann weit weniger gut als geplant.

Dienstag, 3. Dezember 2013

Vorsicht vor dem Schwanzlurch!

Mitte November hatte ich die wunderbare Gelegenheit, beim Microsoft-Blogger-Literaturwettbewerb #einfachmachen teilzunehmen. Die Grundfrage des Wettbewerbs drehte sich um die Zukunft von Literatur im digitalen Zeitalter und natürlich auch darum, mit welchen technischen Möglichkeiten heutzutage Literatur erschaffen werden kann.
Dabei wurden uns Teilnehmern von Microsoft ein Nokia Lumia und ein Surface Pro samt des Office356-Gesamtpakets zur Arbeit bereitgestellt - eine spannende Erfahrung, die ich an anderer Stelle noch ausführlicher behandeln werde. Heute will ich euch meinen Wettbewerbsbeitrag vorstellen, den ich mit der Hilfe meiner Facebook-Freunde und -Follower erstellt habe. Mein Grundgedanke war, wie man als Autor in der Zukunft auch arbeiten könnte, da ich das Sinnbild des Autors im Elfenbeinturm für nicht mehr zeitgemäß halte. Und da lag natürlich die Interaktion mit dem künftigen Leser und der künftigen Leserin auf der Hand.

Bild (c) Microsoft
Also habe ich meine Crowd beteiligt - nach einem Startartikel mit dem Themenschwerpunkt 'Frau wird von ihrem Mann betrogen und will sich an ihm rächen - was könnte sie tun?' habe ich eine Frage dazu an meine Crowd gestellt und aus den Antworten mit etwas zeitlichem Abstand den Folgetext geschrieben.
Nach diesem Folgetext gab es eine neue Frage, und so weiter - bis am Ende 'Anjas Tagebuch' in Kurzversion geboren war. Eine Frau, ein betrügerischer Mann, ihre Freundinnen, 28 Stunden Zeit für den Wettbewerb. Und eine Rache, die eiskalt serviert wurde. Viel Vergnügen beim Lesen - das Schreiben hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich mit dem Gedanken spiele, aus Anjas Story ein Buch zu machen. Natürlich mit noch mehr Rache und noch mehr Schwanzlurchigkeit ... ;)

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 Montag, 20. Mai - Auszug aus Anjas Tagebuch
                                                                                                                              
Dieses verdammte Arschloch! Normalerweise benutze ich solche Worte nicht. Jedenfalls nicht, wenn ich von meinem Freund spreche. Was heißt Freund! EXFREUND! Wir sind die längste Zeit ein Paar gewesen! Nie hätte ich von ihm erwartet, dass er auch zu der Sorte von blöden Schwanzlurchen gehört, die ihr angeblich kostbarstes Körperteil auch mit anderen Frauen benutzen würden, während sie in einer festen Beziehung sind. Aber hey, ich hatte ja auch gedacht, er würde mich nicht anlügen.

Total falsch gedacht! Jetzt ist es amtlich und nicht mehr zu leugnen. Außer ich hätte mir das Bild von ihm und seiner neuen Tussi aus dem Gehirn gebrannt. In meiner teuren Baumwollbatist-Bettwäsche haben sie es getrieben, zwischen meinen blütenweißen Kissen. Als wäre ich in seinem Leben nicht einmal vorhanden oder allenfalls de Inneneinrichter.

Eigentlich hatte er mir immer versichert, dass er nicht auf die billige Sorte Tussi steht. Also diese Art Mädels mit dem wasserstoffblonden Haar, bei dem man die Ansätze noch sehen kann. Mit T-Shirts, die über gepushten Brüsten spannen und auf denen in Glitzerschrift Begriffe wie "Superzicke" oder "Bitch" prangen. Die sich mehr über Schminke und Klamotten definieren als über die Bücher, die sie gerne lesen. Falsch gedacht! Ich muss so blind wie ein Backstein gewesen sein oder wollte es nicht sehen.
Dafür durfte ich dann umso genauer betrachten, wie sich mein EXFREUND mit seiner TUSSI durch unsere Kissen wühlt. Inklusive brünftigem Stöhnen und lautstarken "Ohohohohoh"-Geräuschen. Geräusche, die er bei mir definitiv nie gemacht hat.

Wahrscheinlich steht er auch auf Dirty Talk und hat sich bisher nie getraut, mir etwas zu erzählen. Ich weiß es nicht. Momentan frage ich mich eher, ob ich überhaupt etwas von dem weiß, wie er eigentlich ist. Oder ob er mir die ganze Zeit irgendetwas vorgespielt hat. Etwas weniger schwanzlurchiges und mehr Ehemanntaugliches.
Ich weiß nicht, was mir mehr wehtut. Dass er mich verarscht hat oder dass er mich ausgerechnet mit so einer Frau betrogen hat. Wenigstens war er beschäftigt genug, um nicht zu bemerken, dass ich ihn in flagranti ertappt habe.

Montag, 2. Dezember 2013

Geschafft! - Ein Rückblick auf den Nanowrimo 2013

Es gab sie, die Momente, in denen ich am Erfolg zweifelte. Diese Momente, in denen ich auf das bereits Geschriebene zurück blickte und mir dachte, dass das niemals jemand lesen will. Dass ich meine Charaktere nicht richtig entwickelt habe, die Story langweilig ist und überhaupt so gar nichts von dem passen will, was ich mir vorgestellt habe. 
Wer schreibt, schreibt zunächst alleine, auch wenn einen Freunde, andere Autoren und Familienmitglieder unterstützen. Man schreibt gegen seine Unsicherheit, seine Furcht und auch gegen das dräuende Gefühl an, man könnte sich in den letzten 5000 Worten total verrannt haben. Die eigentliche Idee verraten haben. Im Nanowrimo nennen sie das den "Inneren Lektor", den es auszuschalten gilt. Ich nenne das eher eine unvermeidliche Entwicklung dessen, dass man eine Menge Worte auf's Papier geworfen hat und erst beim Kontakt mit anderen, mit dem Leser, erahnen kann, ob man es 'richtig' gemacht hat.

Für gewöhnlich schreibe ich kurze Texte. Ich verfasse Kolumnenbeiträge, journalistische Artikel, helfe meinen Kunden dabei, ihre Unternehmen und die Tätigkeitsschwerpunkte auch für Laien verständlich zu machen. Bei diesen Texten weiss ich genau, wo die Schwerpunkte liegen müssen, wie ich schreiben muss, damit meine Leser unterhalten und informiert werden. 
Und das Feedback kommt vom Kunden, von deren Kunden, von meiner Chefredakteurin, von den Lesern der Kolumnen oder Blogartikel. Es kommt sehr schnell, meist sehr ehrlich und hilft mir unmittelbar, meine Schreibe zu verbessern - oder mich auch mal auf den Lorbeeren eines gelungenen Textes auszuruhen.
Beim Nanowrimo geht das nicht. Man schreibt, und 50.000 Worte können ganz schön viel sein. Vor allem, wenn man den Zeitdruck der Zielsetzung im Nacken hat, der dafür sorgt, dass sich die Wochenenden, an denen man eigentlich entspannen möchte, genauso anfühlen wie Arbeitstage. An denen der Lebenspartner gemütlich irgend etwas vor sich hin zockt, während ich selbst mit Worten und meiner Motivation kämpfe.

Aber ich habe es geschafft, wie viele andere auch, und blicke nun auf einen Monat mit vielen Aufs und Abs zurück. Ich habe, wie geplant, so einiges über mich gelernt, und auch darüber, welche Belastungen ich aushalten kann, wenn ich es muss. Man könnte zwar sagen, dass das 'muss' selbst konstruiert ist, aber um echte Bedingungen zu schaffen, habe ich den 30. November wie eine ganz normale Arbeitsdeadline behandelt. 
Ich hatte mir zudem vorgenommen, jeden Tag mehr als die notwendigen 1667 Worte zu schreiben - nämlich 2000 - um auf Eventualitäten vorbereitet zu sein. Die Eventualität trat dann auch in Form einer Einladung zu einem von Microsoft gesponsorten Blogger-Literaturwettbewerb ein, der mich drei Tage lang von zuhause fern hielt (in der Statistik-Grafik sieht man die schreibfreien drei Tage deutlich). Aber auch generell entsprach das geplante Tempo meinen Gewohnheiten: Ich versuche immer, merklich früher fertig zu sein, als es die Deadline verlangt, um einen Puffer zu haben, falls mal etwas schief geht.

Donnerstag, 14. November 2013

NaNoWriMo 2013-Halbzeit

Der vierzehnte Tag des NaNoWriMo ist angebrochen. Gestern habe ich das sechsundzwanzigtausendste Wort geschrieben, also damit die Hälfte des Buches und der geforderten 50.000 Worte geschrieben. Zeit für einen kleinen Rückblick auf die vergangenen dreizehn Tage und einen Einblick in meine bisherigen Erfahrungen.
 

Grundsätzlich: Es ist hart. Nicht unerträglich, sonst würde ich das Experiment abbrechen. Aber es ist definitiv nicht leicht, jeden Tag mein selbst gestecktes Ziel von zweitausend Worten zu schreiben. Aber, wird mir der geneigte Leser vielleicht fragend zurufen, man braucht doch nur 1666 Worte am Tag, um es pünktlich zu schaffen? Warum schreibst Du mehr?
Es ist ganz einfach: Ich kenne mich zu gut. Arbeiten, die ich auf den allerletzten Drücker fertig stelle, haben selten wirklichen Taug. Also habe ich mir eine kleine Sicherungsmaßnahme eingebaut. Werde ich früher fertig und verlege ich den Termindruck auf einige Tage vorher, habe ich bis zum 30. noch etwas Luft, falls ich dann doch kurz vor dem Ende mal einen Tag haben sollte, an dem gar nichts geht.

Mein Schreibrhytmus braucht nach diesem Monat ganz sicher eine Pause. Jeden Tag, auch Samstag und Sonntag, zu schreiben, lässt das Alltagsgefühl nicht mehr weichen. Da ich unter der Woche während meines täglichen Arbeitsprozesses ebenfalls schreibe, fühlen sich die Wochenendtage genau wie ein Arbeitstag an. Der Erholungsfaktor des Wochenendes bricht dadurch zumindestz gefühlsmäßig für mich weg, und das Schreiben an Samstagen und Sonntagen fällt mir ziemlich schwer.

Andererseits ist es ein verdammt gutes Gefühl, wenn ich jeden Tag aufs Neue mein selbst gestecktes Ziel erreiche. Und nach einiger Zeit zu sehen, dass sich da ein durchaus brauchbarer und interessanter Text ansammelt, ist natürlich auch gut für's schreiberische Ego. Auch, weil es genug Momente gibt, in denen mich die üblichen Fragen quälen, mit denen sich sicherlich viele Autoren herumschlagen:

Freitag, 25. Oktober 2013

Ein Buch in einem Monat

"Wie soll das denn gehen - ein Buch in einem Monat schreiben?" Diese Frage dürfte den Teilnehmern des NaNoWriMo - dem NationalNovelWritingMonth - wohl des öfteren gestellt werden. Ich dachte zu Anfang auch, dass mich da jemand verschaukeln will. Vor allem, wenn man weiß, wieviel Arbeit in einer Publikation mit den angestrebten 50.000 Worten steckt. Nach dem Erstellen eines Manuskripts ist es damit nämlich längst nicht getan, um das Geschriebene zur Druckreife zu führen. Aber darum geht es beim NaNoWriMo nicht zwingend.
Für alle, die mit dem Begriff nicht viel anfangen können: Der NaNoWriMo ist eine Herausforderung, die man sich selbst stellt. Ziel ist es, im Monat November eine Geschichte zu schreiben, die mindestens 50.000 Wörter umfasst - im englischen Sprachgebrauch ist das der Umfang einer "Novel" (zu deutsch: Roman). Dabei geht es nicht darum, ein druckfertiges Werk zu verfassen, auch wenn einem das bei Veröffentlichungswünschen natürlich so einiges leichter macht. Viel entscheidender ist der ursprüngliche Ansatz von NaNoWriMo-Erfinder Chris Baty: Nicht über das Schreiben reden, sondern es tun. Den inneren Lektor beiseite lassen und einfach Worte aufs Papier fließen lassen, ohne diese sogleich zu bewerten.
Wer nämlich alles Geschriebene zuerst an den inneren Pranger stellt und sich während des Schaffensprozesses dauernd mit anderen vergleicht oder zu hart mit sich ins Gericht geht, kann kaum etwas vollenden.

Der zweite wichtige Teil des NaNoWriMo findet neben dem Schreiben her statt - das Vernetzen mit anderen teilnehmenden Autoren, das Kennenlernen und sich-gegenseitig-unterstützen. Kein Kreativer kann auf lange Sicht Einzelkämpfer sein, vor allem nicht, wenn er eine so große Aufgabe wie 50.000 Worte in einem Monat vor sich hat. Deswegen ist es ausdrücklich erwünscht und wird von den NaNoWriMo-Organisatoren durch deren Website-Mechanik, Foren und Community-Treffen unterstützt, dass man sich Mitstreiter sucht und sich gemeinsam motiviert.
Auf dem freien Markt sind Autoren vielleicht Konkurrenten, aber ich denke, wenn man nur noch in marktwirtschaftlichen Begriffen gedanklich unterwegs ist, verliert man schnell den eigentlichen Grund, warum man sich der Schreibtätigkeit widmet: Weil man es gerne tut, weil es zutiefst befriedigend sein kann, wenn man die vielen Gedanken in eine lesbare und interessante Form bringen kann - und weil nichts schöner ist, als eigene Ideen mit anderen zu teilen und beobachten zu können, wie diese darauf reagieren.

Warum ich dieses Jahr dabei bin:
Ich gehöre zu den hyperkritischen Leuten, die schnell mit der eigenen Arbeitsleistung unzufrieden sind, vor allem, wenn es darum geht, echte Herzensprojekte zu schreiben. Mit der Vorgabe "schreib einfach!" an ein solches Projekt zu gehen, ist für mich etwas ganz neues, und genau deswegen habe ich die zu entstehende Story noch nicht wirklich durchgeplant. Ich kenne den Anfang, ich weiss, wohin das Ganze steuern soll, aber das Zwischendrin wird ein Abenteuer sein, auf dem ich meinen Charakteren mit Begeisterung folgen werde. Mal sehen, wohin sie mich führen :)

Was ich schreiben werde:
Meine Erzählung führt die Leser in ein alternatives Europa der viktorianischen Ära. Nach der Entdeckung zweier ausgesprochen gegensätzlichen Elemente hat die technische Entwicklung einen ordentlichen Sprung voran gemacht, doch die zwischen den Nationen schwelenden Konflikte heizen sich natürlich dadurch noch mehr auf. Erschreckende Kreaturen erscheinen in den europäischen Metropolen und versetzen die Menschen in Angst, während Wissenschaftler mit modernen Methoden vergeblich versuchen, der Plage Herr zu werden.
In dieser unsicheren Zeit liegt es an den Helden, die Ursache des Übels zu finden und natürlich zu beseitigen - was nicht leicht werden wird, wenn nebenher eine wahre Hölle auf Erden losbricht.
Genre: Steampunk/Fantasy-Mix

Das Abenteuer kann beginnen - pünktlich am 1. November. Ich hoffe, ihr seid mit dabei, egal, ob als Autoren, Interessierte, Fans oder Unterstützer!
Wer sich über den NaNoWriMo informieren möchte, kann dies auf der offiziellen Website tun - mein Autorenprofil findet sich ebenso dort.

Montag, 5. August 2013

Einfach mal Luft holen, oder: Die böse Rezension

Früher gab es in den Tageszeitungen, gerade gen Wochenende, im Feuilleton Bücherbesprechungen - Glückswiese und Tal der Tränen zugleich für Autoren, die ihre Werke dort besprochen sahen. Doch im Zuge der digitalen Revolution liegt die Besprechungs-Macht nicht mehr alleine bei Journalisten und wohlmeinendem oder verreissendem Fachpublikum.
Heute geben uns die großen Online-Händler die Macht über Wohl und Wehe eines Produkts (dazu zähle ich frecherweise auch Bücher) mittels der Kommentarfunktion in die Hand. Ganz zu schweigen von den vielen begeisterten Buch-Bloggern, die mittels Rezensionsexemplaren inzwischen ohne private Kostenexplosion an begehrten Lesestoff kommen und sich mit einer Buchbesprechung revanchieren.

Heutzutage muss man sich also als Autor mit einer viel größeren Menge an Feedback-Möglichkeiten zum eigenen Werk befassen, die oftmals nicht dem entsprechen, was man sich erwartet hat. Die gefürchtete 1-Sterne-Rezension bei Amazon ist wohl das gewaltigste Damoklesschwert, welches gerade Jungautoren über ihrem Erstling bedrohlich schweben sehen. Hat man sie dann kassiert, gibt es immer wieder Frustmomente. 
Ja, es tut weh, wenn jemand etwas schlechtes oder als gemein empfundenes über das Baby schreibt, das man mit vielen Stunden mühevoller Tipperei geistig in diese Welt gebracht hat. Kritik mag im ersten Moment wirklich niemand.
Ist sie dann noch ein Einzeiler im Tenor "Das Buch XY ist Mist, ich finde, man sollte sowas nicht lesen!" sitzt man als der Kreativschaffende ganz sicher erstmal mit sehr gemischten Gefühlen vor dem Screen. Aber - eine miese Rezension ist kein Weltuntergang. Man kann lernen, mit der Meinungsäußerung unbekannter Menschen klarzukommen und etwas für sich und die eigene Arbeit mitzunehmen.

Ich musste meine Erfahrungen im Umgang mit Kritiken auf die harte Tour lernen - als ich mich mit meinen damals wirklich noch nicht besonders tollen Zeichnungen an das Licht der Öffentlichkeit, sprich, einer großen, internationalen Online-Gallery namens deviantart.com wagte. Bis zu diesem Moment schwebte ich in einer watteweichen Wolke wohlwollender Meinungen meines näheren Umfelds, aber aus diesem Himmel stürzte ich sehr schnell in der Realität zu Boden. Neben den allseits bekannten 'finde ich nicht toll' Meinungen, die mir leider nicht genau sagen wollten, warum ihnen das jeweilige Bild nicht gefiel, gab es auch dediziertere Kritiken. Perspektivefehler wurden bemängelt, die Proportionen waren nicht stimmig, und, und und. Nach einer ganzen Weile blickte ich in meine Gallery und wollte erst einmal gar nichts mehr veröffentlichen. Nie wieder. Alle fanden schließlich meine Sachen schlecht.
Die Kritiken begannen mich zu verfolgen. Selbst vor dem Einschlafen dachte ich darüber nach, warum Mary aus Minnesota meine Bilder so schlecht fand. Oder warum Sören aus Schweden die gezeichneten Personen auf meinen Bildern für so unproportional hielt. Mein damals geliebtes Nur-Hobby zeichnen wurde mir durch diese Meinungen vollkommen vergällt, der Stift blieb eine ganze Zeitlang liegen.

Bis der Lernprozess einsetzte. Ich schaute mir an, von wem welche Kritik gekommen war. Stellte fest, dass Sören aus Schweden selbst zeichnete und seine Zeichnungen von Personen tatsächlich richtige Proportionen besaßen. Dass Mary aus Minnesota in ihrem Profil vor allem Manga-Bilder favorisiert hatte ('Favorites' sind bei DeviantArt das Äquivalent zum Facebook-Like) und deswegen mit meinem europäischen Stil wahrscheinlich grundsätzlich nicht übereinstimmte.
Ich war einen Schritt zurückgetreten, hatte die persönliche Ebene mehr und mehr verlassen und betrachtete die Kritiken sachlicher. Und ich lernte, auf bestimmte Dinge beim zeichnen mehr zu achten. Legte mir Bücher zu, die mir richtige Komposition erklärten - und verbesserte mich. 

Bei Schreibwerk ist es im Grunde nicht viel anders - nur dass man bei einem so offenen Anbieter wie Amazon und Konsorten in der Regel weniger Autoren findet, sondern vor allem Endkunden. Die Leute, mit denen wir Autoren am Ende Geld verdienen wollen. Ihre Ansichten können und sollten wir also nicht ignorieren. Aber man kann sie filtern, um nicht persönlich betroffen zu werden.

Hier meine Tips im Umgang mit Kritiken/Rezensionen im Netz:
  • Persönliche Beleidigungen ausblenden: Wer lesen muss, wie blöd er/sie ist und überhaupt nicht zum Autor taugt, reagiert automatisch. Hier einen Schnellschuss zurückzugeben, ist so ziemlich das Schlechteste, was man machen kann, denn es zeigt dem Kommentierenden, dass man verletzt wurde.
    Ist es eine derbe Beleidigung, sollte man den Kommentar beim jeweiligen Portal melden, damit er entfernt wird. Ansonsten ist es für den eigenen Seelenfrieden defintiv gesünder, das Ganze verblassen zu lassen - denn jemandes Ansichten, der gleich auf die persönliche Ebene geht, kann man in den meisten Fällen auch nicht durch eine Diskussion ändern.
  • Eine Nacht darüber schlafen: Auch wenn man das unbedingte Wollen in sich fühlt, auf eine der eigenen Ansicht nach ungerechtfertigte Kritik sofort zu antworten, tut es bitte nicht. Solange noch das Adrenalin durch die Adern pulst, kommt selten eine gute Reaktion dabei heraus. Ein wenig Abstand mildert das eigene Empfinden, man kann vielleicht schon mögliche Antworten im Geiste durchspielen und tritt hinter die eigene Person etwas zurück. Dem Drang zur Reaktion zu widerstehen ist schwer gelernt, hilft aber ungemein weiter.
    Wenn das Ganze trotzdem innerlich ziept und brennt: Sich einen guten Freund oder eine gute Freundin suchen und auskotzen. Dann ist der gröbste Druck schon weggenommen, man hat sich Luft gemacht - und am anderen Tag sieht es schon anders aus.
  • Genauer Blick auf den Inhalt der Rezension: Klar kann man aus einer Einzeilen-"Rezension" der Marke "Dieses Buch ist Mist!" nicht viel herausholen. Diese Art von Kommentar kommt bei mir in die Rundablage P, sprich: Ich schiebe sie geistig vom Tisch und beachte sie nicht weiter.
    Muss ich allerdings in ausführlicheren Kommentaren mehrfach dieselben bemängelten Dinge wie zB. Rechtschreibung, unlogisches Verhalten des Hauptcharakters oder ähnliches lesen, wäre ein Nachdenken darüber nicht verkehrt. Gerade nicht eingehaltene Formalia wie korrekte Rechtschreibung und Zeichensetzung sind für Vielleser störend und werden gerne angemerkt.
    Blogger-.Rezensionen sind meist noch ausführlicher, wurde man von einem Genre-Blogger rezensiert, hat man vielleicht sogar das Glück, Vergleiche zu anderen Autoren zu erhalten - was diese besser gemacht haben. Bei einer freundlichen Nachfrage an den Blogger (bitte nicht drängen oder beschimpfen!) sind diese oftmals auch bereit, dem Jungautor genauer zu erklären, woran es ihrer Ansicht nach hakte. Vielleicht gewinnt man so auch einen Beta-Leser oder Fan für ein neues Projekt?
  • Wahrscheinlichkeiten im Hinterkopf behalten: Meiner eigenen Erfahrung nach sind sehr, sehr viele Menschen, denen etwas gefällt, stille Konsumenten. Sie mögen ein Buch? Dann wird es gelesen, in den Schrank gepackt und vielleicht auch an Freunde weiterempfohlen. Aber die wenigsten schreiben danach eine positive Rezension oder einen Kommentar. Da fallen dann diejenigen, die eine negative Rezension verfassen, umso mehr auf.
    Ein Beispiel: Nika Lubitschs Krimi "Der 7.Tag" hat sich als eBook über 100 000 Mal verkauft - mit insgesamt etwa 1100 Rezensionen bei Amazon. Das sind gerade mal 1% der Leser! Und hier handelt es sich um einen Bestseller, der wochenlang die Kindle-Charts bei Amazon angeführt hat (mit einem Anteil von knapp 600 5-Sterne-Rezensionen).
    Die 'miesen' 1-Sterne-Rezensionen kommen - irgendwann. Mal früher, mal später. Wenn man sich bewusst macht, dass jeder Autor diesen Moment erlebt, nimmt das dem Ganzen auch die Schärfe. Ein mündig gewordenes Publikum nutzt die Chance des Meinung-Sagens glücklicherweise! Denn ohne diesen Umstand gäbe es auch die 'guten' Rezensionen nicht ...
  • Rezensionen sind nicht alles: Die Kritik hat "Shades of Grey" zerrissen. Viele Buchblogger haben sich über den lahmen Plot, die noch lahmeren dramatis personae und die vielen inneren Göttinen erregt. Verkauft wurde die Trilogie dennoch, und das bombastisch. Es traf einen Nerv der Leserschaft, hier vor allem Frauen, und ging wie warme Semmeln über den Ladentisch. Ist es nicht das, was auch entscheidet?
    Wieviel am Ende beim Autor in finanzieller Form ankommt? Wieviel Freude einem das Schreiben macht, wieviel man für sich daraus ziehen kann, in eine nur von der eigenen Phantasie beschränkte Welt abzutauchen und in dieser Geschichten zu erzählen? Man wird es niemals allen Recht machen können - doch wenn man damit erreicht, was man möchte, hat man doch trotz vermeintlich schlechter Kritik sein Ziel erreicht. Dieses darf man nicht aus den Augen verlieren!
Mich haben meine Kritiker zu einem besseren Zeichner, und auch zu einem besseren Schreiber gemacht. Sie haben mich gelehrt, so einiges nicht mehr an mich herankommen zu lassen und auch Dinge anzunehmen, die, wenn sie ausgesprochen oder ausgeschrieben werden, mir erstmal nicht gefallen. Und daraus zu lernen, ohne mich verbiegen zu müssen!
Lasst euch nicht beirren in eurem Weg, das zu tun, woran euer Herz hängt :)


Mittwoch, 10. Juli 2013

Mögest Du von Luft und Liebe leben, Autor!

Es gibt sie immer wieder, diese Momente, in denen man als Schreiberling, gemeinhin auch gerne als Schriftsteller oder Autor bezeichnet, sich sehr zurückhalten muss, nicht mit den Zähnen ins Keyboard zu beissen. Dieser kurze Augenblick, in dem der Zorn derart heiß hochkocht, dass es ein Segen ist, dem Anderen nur virtuell, nicht in realer Person gegenüberzustehen. Denn an manchen Tagen scheint sich die Welt in zwei Hälften ihrer Bewohner zu teilen:
Denjenigen, die nachvollziehen können, dass man mit seinem kreativen Output seinen Lebensunterhalt bestreiten möchte, und den anderen.

Jene anderen, die einem auch gerne mit der lässig-lockeren Phrase "Wieso, das macht Dir doch Spaß, wieso soll ich dafür etwas bezahlen?" entgegen treten und sich dann sehr wundern, dass man keinerlei Lust mehr hat, auch nur ein müdes Lächeln herauszupressen. Jeder Kunsthandwerker, Zeichner, Schneider, Autor oder sonstwie kreativ Tätige dürfte die Situation zur Genüge kennen. Denn wo auch immer man enthüllt, dass man eine bestimmte Sache beherrscht, finden sich auch andere, die davon am liebsten kostenfrei profitieren möchten.
Selbst Automechaniker erleben derlei für gewöhnlich und müssen ihren Möchtegern-Profiteuren erklären, dass sich vielleicht ihre Arbeitszeit noch aus reinem Freundschaftsdienst mit einem Kasten Bier abgelten lässt, die Kosten der Ersatzteile aber noch lange nicht.

Was ist eigentlich so schwer daran zu verstehen, dass auch eine Arbeit, die Spaß macht, bezahlt werden soll? Als Autor in Self-Publisher-Kreisen offen seinen Wunsch nach angemessener Bezahlung zu bekunden, stößt oft genug auf das mangelnde Verständnis jener, die den Künstler wohl am liebsten entrückt in seiner Dachkammer sehen würden, darbend, einsam, allein dem Kunstschaffen zugeneigt.
Doch der hungernde Künstler ist eines der schlimmsten Bilder, die sich meiner Ansicht nach wie ein mutiertes Zombie-Virus in das Bewußtsein der Allgemeinheit eingefressen hat. Spitzwegs 'armer Poet' mag vielleicht für das romantische Verständnis ein passendes Projektionsbild gewesen sein, doch davon lassen sich Vermieter, Versicherungen und Supermarktverkäufer in der Regel nur wenig beeindrucken.

Wer dauernd nur darüber nachdenken muss, woher er die nächsten Euros für sein Abendessen herbekommt und wie wenig er sich dafür leisten kann und darf, wird sich nicht mit vollem Herzen auf seine Arbeit konzentrieren können.
Nicht umsonst gibt es für viele kreative Schaffensbereiche den beliebten Agenten, der sich darauf konzentriert, Aufträge für seine Künstler heranzuschaffen, damit sich die Künstler auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren dürfen. Es funktioniert nun einmal nicht wie die Werkstatt an der Straßenecke, bei der die Laufkundschaft den öllecken Wagen vorbei bringt. Zumindest mir ist es noch nicht passiert, dass irgendwer an meiner Haustür Sturm geklingelt hätte, um händeringend nach einem Text oder einer Illustration zu verlangen - auch wenn es sicherlich ein sehr interessantes Bild wäre.

Amüsanterweise kommen die Möchtegern-Kostenlos-Abgreifer nicht auf den Gedanken, einer Putzfrau das Recht abzusprechen, für ihre Arbeit bezahlt werden zu wollen. Ich habe auch noch nie gehört, dass jemand zu einer Putzfrau im lockeren Salon-Tenor gesagt hätte, dass sie sich doch im Wohnzimmer eben mal nützlich machen könne, sie hätte schließlich Spaß daran. Und das liegt sicherlich nicht nur daran, dass die beiden Worte 'putzen' und 'Spaß' selten in einem Satz positiv miteinander verknüpft werden.

Warum also kann sich der Ottonormalsterbliche nur schwer vorstellen, dass kreatives Schaffen in egal welcher Form auch Arbeit ist?
Weil er in der Regel keine Ahnung davon hat, wieviel man können muss, um die Tätigkeit erfolgreich über lange Zeit auszuüben. Wieviel Zeit und Geld es kostet, sich auf ein brauchbares, konkurrenzfähiges Level zu bringen. Wieviel Zeit und Geld man investieren muss, um auf der Höhe der Zeit zu bleiben und sein Können fortlaufend zu erweitern. Es mag für Schriftsteller in Deutschland vielleicht keinen klassischen Ausbildungsweg geben, doch die handwerklichen Notwendigkeiten muss man sich dennoch aneignen. Meist über die zeitaufwendige Trial-and-Error-Methode - und auch während dieser Zeit muss der hoffnungsvolle Aspirant von irgend etwas leben. Freigiebiege Ehegatten, Mäzene und sponsorende Eltern fallen leider nicht vom Himmel.

Inzwischen bin ich so weit, dass ich über Anfragen wie 'Kannst Du mir nicht mal meinen Charakter zeichnen?' oder "Darüber könntest Du doch was schreiben, mit meinem Charakter darin, wie wärs?" wirklich nur noch lächle. Irgendwie abgeklärt. Mit dem inneren Ringen, ob ich demjenigen meine allseits beliebten Vergleiche wie "Und morgen gehst Du im Restaurant essen, bezahlst nicht und sagst dem Koch, dass Du es kostenlos willst, weil er seinen Job doch liebt?" an den Kopf werfen soll oder nicht.
Oder ob ich einfach nur weiterlächle und mich mit meiner Arbeitslast entschuldige, die derlei leider nicht zulässt, denn zahlende Kunden hätten Vorrang, und von denen hätte ich derzeit sehr viele.
Damit halse ich mir dann zwar auch halbjährliches Nachfragen nach meiner Arbeitslast mit dem stillen "Vielleicht hat sie ja doch Zeit"-Gedanken im Hinterkopf auf, aber auch dann reicht das Lächeln meist aus.
Denn ich bin stolz darauf, mit meiner Arbeit ein Level erreicht zu haben, bei dem verständige Menschen verstehen, dass ich dafür bezahlt werden will. Und das muss wohl reichen. Ich kann keine Autos reparieren, putze furchtbar, koche auf 'man kanns zuhause gut essen' Niveau und besitze auch sonst eher wenige Fähigkeiten, die mich für andere Jobs qualifizieren würden. Da verlasse ich mich gerne auf Fachpersonal, auf Leute, die wissen, was sie tun. Und bezahle sie klaglos, weil ich ihre Kompetenz anerkenne.